Kulinarisches

Marokko – der Trailer

Wir sind zurück aus der Wüste, zurück im herbstlichen Europa, und staunen, wie sich die Farben gleichen: Hier wie dort Braun-, Orange- und Gelbtöne. Im Gepäck haben wir einige Geschichten, die noch nicht erzählt sind: Zu abgelegen waren die Pisten, die uns zurück in den Norden führten, tagelang erreichte uns kein Signal, und irgendwann verliess uns das Bedürfnis, alles festzuhalten, abzuspeichern, wiederzugeben, wir legten die digitalen Helferlein beiseite und ergaben uns der Wildnis, der Wüste, die mit ihrer Stille auf uns abfärbte, bis wir selbst nicht mehr viele Worte brauchten. Nun muss ich erst wieder zu meiner üblichen Gesprächigkeit zurückfinden, dann werde ich mich hinter die Geschichten klemmen, die noch darauf warten, ausgepackt zu werden. In der Zwischenzeit lassen wir die Bilder sprechen, die ich auf der Fähre von Tanger nach Genua spasseshalber zu einem kleinen Trailer aneinandergereiht habe. Es gibt nur einen Namen für Abenteuer, aber seht selbst!

 

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Südwärts

Wir rollen durch den Bauch der Wüste, südwärts. Hinter dem Wüstenstädchen M’hamid lockt der Erg Chegaga mit seinen orangefarbenen Dünen. Es wird Abend, wir knabbern an der algerischen Grenze. Micha meldet sich über Funk: „Haltet die Fiches bereit, da vorne kommt ein Militärposten!“ Ein älterer Mann in Trainingsanzug und Badeschlappen und ein jüngerer in glattgebügelter Uniform lösen sich aus dem Schatten eines rosafarbenen Flachbaus und eilen auf uns zu. Die Piste, erklären sie uns sehr freundlich, sei gesperrt, zu gefährlich, zu grenznah, die Schmuggler. Wir müssten einen Umweg fahren, und ob wir vielleicht so nett wären, bei dieser Gelegenheit den Kollegen mitzunehmen, den jüngeren in Uniform, der wolle nachhause und sein Ort liege zufällig am Weg. Jetzt erst fällt mir auf, dass der jüngere Soldat einen fertig geschnürten Ranzen neben sich abgestellt hat. Wir „willigen ein“ und fragen, ob es möglich sei, die Nacht hier zu verbringen, in einer Stunde ist es dunkel. „Kein Problem“, sagt der Ältere, „fühlt euch wie zuhause!“ Unser Zuhause also für eine Nacht: Der Exerzierplatz eines Militärpostens, der sich, weil er so eben ist, hervorragend für eine Partie Fussball eignet. Fussball, pas de probleme, und auch gegen unser übliches Lagerfeuer haben sie nichts einzuwenden, der Commandante schleppt sogar eigenhändig einen knorrigen Palmstrunk herbei, der genau so brennt, wie er aussieht: unspektakulär, aber ausdauernd. Am nächsten Morgen steht der junge Soldat bei Sonnenaufgang bereit, und sein Lächeln verrutscht ihm nur einmal, als wir mit unserer Kamera den Militärposten ins Visier nehmen wollen: Fussball ja, Erinnerungsfotos nein!

Die Extratour, über eine widerspenstige Gebirgskette und durch enge, verwinkelte Oasendörfer, kostet uns viel Zeit. Janis knabbert an Häuserwänden und Brückengeländern, wir müssen oft anhalten. Als wir M’hamid erreichen, senkt sich bereits die nächste Nacht über die Sahara und mit ihr ein steifer Wind, der über die Strassen fegt und an den Dünen zerrt. Was ich erst für Nebel halte, ist Sand, feiner Wüstensand, der bald wie ein dichter orangefarbener Schleier über der Landschaft liegt und unaufhaltsam in die feinsten Ritzen dringt. Am nächsten Morgen waschen wir uns Sand aus den Augen, aus den Ohren, aus der Nase. Fünf Minuten später ist er wieder da. Wir kapitulieren und ziehen uns in eine Pension zurück, sitzen hinter verschlossenen Fenstern, die Luft dick wie Suppe. Zwei Tage hält uns der Sturm umklammert, dann lässt der Wind nach. Es kann weitergehen.

Nun trennt uns nur noch eine sandige Piste von Erg Chegaga. Anfangs ist uns ein bisschen bang, Janis hatte im Sand schon das eine oder andere Gewichtsproblem, aber heute sind uns die kleinen Dünen freundlich gesinnt, wir nehmen Schwung, driften talwärts, es fühlt sich ein bisschen an wie Skifahren. In der Mittagssonne erreichen wir Erg Chegaga, teilen uns eine Brotzeit mit einer Herde neugieriger Esel, und dann ist für uns Endstation, Janis ist einfach zu schwer, kommt nicht weiter im weichen Sand.

Sundance und ich packen einige Sachen für die Nacht zusammen und lassen uns von den beiden Unimogs unserer Reisegefährten mitnehmen ins Herz der Dünenlandschaft. Als es dunkel wird, setzen wir in Tines gusseisernem Topf ein Käsefondu auf und essen genüsslich, die nackten Füsse im Sand. Später kriechen Sundance und ich in unsere Schlafsäcke, verbringen die Nacht unter einer funkelnden Milchstrasse, wie ich sie lange nicht mehr gesehen habe, und ich bin Janis überhaupt nicht böse, dass sie hier für einmal an ihre Grenzen gestossen ist.

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Im Rhythmus der Piste

Die dunkelbraune Erde unter unseren Rädern verströmt eine rohe Kraft, gleichermassen ausgemergelt und zäh, reglos, aber unmerklich pulsierend wie ein Tier in Lauerstellung, und eine flirrende Unruhe durchströmt mich, trotz der eigentlichen Ödnis da draussen, des sich seit zwei Tagen kaum verändernden Landschaftsbildes. Der vor uns fahrende Unimog hüllt sich komplett in eine gelbe Staubwolke, die er hinter sich herzieht wie einen Kokon. Ich weiss nicht so richtig wohin mit meiner überschüssigen Energie, es gibt im Moment nichts zu tun und auch nichts zu reden. Sundance lenkt konzentriert und ist ganz in den monotonen Schaukelrhythmus der Piste versunken; einen Rhythmus, der keine Worte braucht. Also fotografiere ich durch das Fenster, schiesse lauter Bilder, die sich gleichen, eine braune, gewellte, mit spitzen schwarzen Steinen übersäte Mondlandschaft vor einem endlosen Himmel in einem so verwaschenen Blau, als hätte das Sonnenlicht selbst ihn gebleicht.

So geht das stundenlang, der Rhythmus wird nur gebrochen, wenn wie aus dem Nichts eine schwarz verhüllte Nomadin mit ihrem Kind auf dem Arm am Pistenrand auftaucht und wir anhalten, um sie mit den mitgebrachten Kleidern einzudecken. Michael, der einen kleinen tragbaren Drucker mitgenommen hat, zückt manchmal seinen Fotoapparat und erstellt Portraits für die Familien. Ein hochaufgeschossenes Mädchen mit wachen Augen erschrickt, als er den Auslöser betätigt, und verharrt mit sorgenvoll umwölkter Stirn neben dem Unimog, nimmt den Ausdruck mit spitzen Fingern entgegen, schaut sich das seltsame Papier an, und dann kommt Leben in sein Gesicht, der Mund kräuselt sich zu einem lautlosen O, und als ich mit einem bunten Schal winke, den ich in meiner Klamottenkiste gefunden habe, hat sich seine Körperhaltung komplett gewandelt, hüpft es mir mit blitzenden Augen entgegen und nimmt mir das Tuch mit einer eleganten Handbewegung ab.

Die Piste reduziert uns auf einige wenige Handgriffe – lenken, schalten, Luft aus den Reifen lassen und wieder auffüllen – und auf einen vorausschauenden Blick. Mit jedem Versuch, eine steile Anhöhe zu erklimmen, uns durch den weichen Sand einer Düne vorzuarbeiten, werden die Bewegungsabläufe ruhiger, unaufgeregter, mechanischer. Es ist für mich eine neue Art zu reisen, diese pragmatische Art, mit Hindernissen fertigzuwerden, dieses oft wortlose und wertfreie Aufnehmen von gemächlich vorbeiziehenden Eindrücken. Ich versuche, darüber nachzudenken, ob mir das wirklich liegt, tage-, wochen-, monatelang, und stelle fest, dass mir das Denken auf der Piste schwer fällt. Schlaglöcher und Unebenheiten lassen meine Gedanken durcheinanderpurzeln, kaum habe ich einen zu fassen bekommen. Es ist aber durchaus kein schlechtes Gefühl, so im Moment verhaftet zu sein, ohne einzuordnen, auszuwerten, abzuhaken.

Und dann, hinter einem Hügel, der nicht anders aussieht als alle anderen davor, bläst ein Meer aus Palmen zum Angriff auf unsere Netzhaut. Wir sind im ersten Moment richtig schockiert über das viele Grün, waren nicht darauf gefasst, hier und jetzt auf eine Oase zu treffen, auf eine so grosse. Wir sind in der Wüstenstadt Zagora. In der Innenstadt weicht der metallische Geruch von Sand und staubiger Erde einem Potpourri aus Gewürzen, Diesel und brennendem Plastik. Das Gewusel auf dem Markt, die kleinen, bis unter’s Dach vollgestopften Krämerläden, das übersteuerte Schnarren der Muezzins aus scheppernden Lautsprechern – diese Melange ist mir aus Indien so vertraut, dass sich hier, mitten in der Sahara, ein wohliges, anheimelndes Gefühl in mir ausbreitet.

Ein kräftiger, wettergegerbter Jugendlicher auf einem Eselskarren spricht mich an, und seine glockenhelle Stimme steht seltsam im Kontrast zu seiner Erscheinung. Er steckt mir ein aus einem Palmenblatt geflochtenes Fabeltier zu und will als Gegenleistung Bonbons, einige Dirhams oder wenigstens ein Bisous, aber sein Eselchen, das ein Gesicht macht, als würde es von keinem Menschen auf der Welt geliebt, macht ihm einen Strich durch die Rechnung und brennt durch. Der Junge hat alle Hände voll damit zu tun, den rumpelnden Karren um den nächsten Graben herumzumanövrieren. Die Gegenleistung ist vergessen.

Hier in Zagora werden wir nun, nach einer Woche Trekking durch die Sahara, einige Tage verbringen, Schwarztee mit Thymian (der so bitter ist, dass er ungesüsst nicht geniessbar ist) trinken und Datteln direkt von der Palme essen, uns Schmuck andrehen lassen, der wahrscheinlich nicht aus Silber ist, und in der Laiterie süssen, dickflüssigen Jus d’Avocat trinken, bevor es übermorgen wieder zurückgeht in den Bauch der Wüste, wo Janis uns weitertragen wird über Stock und Stein, Inschallah.

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Zimtdünen und Schokoladenberge

Mahagoni. Zimt. Kakao. Milchschokolade. Karamell. Espresso. Haselnuss. Kupfer. Gold. Sepia. Umbra. Ocker. Bordeaux. Aubergine. Ich habe noch nie eine so endlose Palette unterschiedlicher Brauntöne gesehen wie im Atlasgebirge. Irgendwann nennen wir sie nur noch die Schokoladenberge Marokkos. Die karge Gebirgslandschaft ist von einer ganz eigentümlichen Schönheit. Wir schrauben uns unmerklich hoch auf 2800 Meter, vorbei an winkenden Kindern, an Schafherden und uralt aussehenden Hirten, die uns um Zigaretten anschnorren, an schwarz verhüllten, schwer beladenen Frauen, die mal erschrocken, mal erstaunt den Konvoi beäugen, der da an ihnen vorbeizieht. Die Kinder rennen uns hinterher, wenn wir uns durch Dörfer schlängeln, die kaum mehr sind als eine halbes Dutzend scheinbar willkürlich in die Landschaft geworfener Lehmhütten. Nachts wird es kalt, dann wärmt eine kräftig gewürzte Tajine – und ein ordentlicher Schluck Rotwein.

Irgendwann verlassen wir die Strasse, die ohnehin nicht viel mehr ist als ein auf die Erde getupfter Klecks Asphalt, und wagen uns auf die Piste. Die beiden Unimogs unserer Reisegefährten klettern die engen Serpentinen hoch und wieder ‚runter wie Bergziegen – Janis tut sich da schon schwerer, im Wortsinn. Die zwölf Tonnen schieben gewaltig, und die sieben Meter Länge machen sich in aller Deutlichkeit bemerkbar. Mir bleibt das Herz stehen, als wir in einer Spitzkehre noch einmal zurücksetzen müssten – und statt dessen erstmal einen gewaltigen Satz nach vorne machen. Direkt vor uns geht’s hunderte von Metern in die Tiefe, senkrecht. Dagegen war die Festfahr-Aktion am See der reinste Kindergeburtstag. Der Felsvorsprung, an dem wir uns vorbei quetschen müssen, macht uns auch nicht viel mehr Freude. Janis kann Piste, keine Frage, aber es ist oft genug Milimeterarbeit. Pures Nervengift also. Ich als Beifahrerin vertreibe mir die Zeit damit, mich irgendwo festzukrallen, und habe abends Fingermuskeln wie ein Bergsteiger.

Wir verlassen das Atlasgebirge und fahren in Richtung Wüste. Dünen, richtige hohe Dünen wie aus tausend und einer Nacht – für mich ein Kindheitstraum. Dass wir uns, ohne Luft aus den Reifen zu lassen, in den Sand wagen, bremst uns allerdings erstmal aus. Festgefahren, zum zweiten! Der Frust ist zunächst gross. Zumal uns die Unimogs wieder um die Ohren fahren, leichtfüssig wie die Dromedare, die in einiger Entfernung an uns vorbeischaukeln. Müssen wir heute wieder ein Bergebier ausgeben? Wir versuchen’s erstmal mit weniger Luft, und siehe: Mit 3,5 statt 6 Bar gleiten wir über den Sand, als hätten wir nie etwas anderes getan. Braves Mädchen!

Als wir im Wüstenstädchen Merzouga ankommen, regnet’s. Ein Regenbogen spannt sich über den Palmenwald und die dahinter aufragenden Dünen, die in der immer wieder durchdrückenden Abendsonne aussehen wie mit Zimt überzogen. Ich weiss nicht, wie’s euch geht, aber mir passiert es nicht allzu oft, dass irgend etwas genau so aussieht wie in meiner Vorstellung. Mein Kopfkino ist in der Regel spektakulärer als die Realität. Nicht so hier: Die Wüste ist atemberaubend! Der anhaltende Regen hat den Sand festgebacken und trittfest gemacht. Wir nutzen die Gelegenheit und klettern auf die höchste Düne. Blinzeln in den Sonnenuntergang. Sind einfach nur wunschlos glücklich.

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Janis 2.0

L’Afrique, c’est chic: Janis rollt wieder! Wir sind in Marokko, und weil wir den Brummi nicht in schneewittchenweiss in die Wüste schicken wollten, haben wir ihm einen neuen Anstrich verpasst. Dass sich ein neuer Look offenbar auch auf die Persönlichkeitsstruktur auswirkt, haben wir dabei nicht bedacht. Jedenfalls mutierte Janis abseits befestigter Strassen innerhalb weniger Tage zur totalen Draufgängerin, aber seht selbst. Wir sind derzeit schlicht noch zu geschafft für viele Worte und servieren euch die Story des Tages deshalb in Bild und Ton. Enjoy!

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Like a Rolling Stone

Die gute Nachricht: Wir haben einen Stellplatz gefunden (danke, Chrigu)! Die schlechte: Wir werden ihn schon bald in Anspruch nehmen müssen. Unser Abenteuer-Restguthaben ist mittlerweile auf 4 Tage zusammengeschrumpft, und nach einem kleinen Abstecher nach Calpe zu Freunden von Sundance sind wir nun definitiv auf dem Rückweg. Noch fahren wir unter der milden Frühlingssonne Spaniens, aber der Eisschrank Mitteleuropa lauert bereits hinter Barcelona, und spätestens ab der französischen Grenze wird es nicht mehr in erster Linie darum gehen, das lauschigste, abgelegenste Plätzchen für die nächste Nacht zu finden. Statt dessen werden wir uns um Winterdiesel kümmern und höllisch aufpassen müssen, dass uns der Wassertank nicht einfriert.

Wir sind nicht gerade scharf darauf. Denn obwohl es – rückblickend – bestimmt Erholsameres gibt, als sich vier Wochen lang auf ein Gefährt wie Janis einzustimmen und dabei kein Risiko zu scheuen: Wir könnten jetzt so weitermachen. Jep, Janis ist unser Ding! Und Spanien im Januar hat seinen ganz eigenen Charme. Mit etwas Wille zu Kreativität (Sundance nennt das meinen „Pfadfinder-Elan“) gibt’s unweit der oft so hirnlos mit Betonschachteln zugebauten Küsten wahnsinnig viel Schönes zu entdecken.

Bevor wir heute Morgen aufgebrochen sind, haben wir bei Andy und Elisabeth nochmal einen Blick auf die Weltkarte geworfen und festgestellt, wie klein Spanien ist im Vergleich zu dem, was wir uns vorgenommen haben. Wir haben in den letzten 4 Wochen knapp 6000 Kilometer zurückgelegt – ein Spaziergang, gemessen an den vielen Tausend Kilometern der Panamericana – und mich hat die Vielfalt der Landschaft jetzt schon in Erstaunen versetzt: Wir waren in der Wüste und kurz darauf am Meer, haben schneebedeckte Gipfel und blühende Täler hinter uns gelassen, sind zwischen meterhohem Schilf herumgekurvt, um uns 5 Minuten später fast übergangslos im Trubel einer mittleren Grosstadt wiederzufinden. Faszinierend, diese Diversität. Dass wir die so intensiv wahrnehmen, ist wahrscheinlich der Tatsache geschuldet, dass wir jeden einzelnen Kilometer buchstäblich erfahren.

In diesem Sinne, Bobby, wenn du fragst: „How does it feel to be on your own, with no direction home, like a complete unknown?“ Dann antworte ich dir: „It feels damn good!“ 🙂

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Die kleine Bucht bei Rodalquilar

Tschüs, kleine Bucht bei Rodalquilar! Oder, um es mit Jack Kerouac zu sagen: „Es war schön. Das Zartrosa verschwand, und dann war alles purpurne Dämmerung, und der Schrei der Stille war wie die Brandung diamantener Wogen, die durch die flüssigen Pforten unserer Ohren brausen und einem das Gefühl geben: Mehr brauchst Du nicht, um die nächsten tausend Jahre ruhig und zufrieden zu sein.“

5 Tage lang warst du unser Zuhause, hast uns spektakuläre Sonnenaufgänge und fast surreal klare Mondnächte geboten, wir haben uns, um einkaufen zu gehen, an den Serpentinen in deiner Umgebung abgestrampelt – die Fahrräder wollen ja auch mal bewegt werden – und nachts dem Wiegenlied deiner Brandung gelauscht. Das Türkisblau deiner Wellen hat mich irgendwann so gelockt, dass ich nicht widerstehen konnte und mich trotz heftigem Wind und Wassertemperaturen von ca. 12°C zu einem Bad hinreissen liess. Ich friere jetzt noch und bin dankbar, dass Sundance, der das Ganze misstrauisch und aus sicherer Entfernung verfolgte, sofort mit einem heissen Grog zur Stelle war.

Dankbar sind wir auch der Guardia Civil, die immer wieder mal hier aufgekreuzt ist, uns aber stets in Ruhe gelassen hat! Denn wild campieren ist hier (und wohl prinzipiell an Spaniens Küsten) verboten, und bevor wir morgen definitiv vom Platz gejagt werden, brechen wir von selbst auf, in Richtung Norden, zurück in den Winter. Wir verlassen dich wirklich ungern, kleine Bucht, der Aufbruch in kältere Gefilde fällt äusserst schwer. Sei dir gewiss, wir werden wiederkommen! Denn du bist das Bild, das jeder Reisende vor Augen hat, wenn er, von Sehnsucht getrieben, zu seiner nächsten Destination aufbricht. Hasta luego!

Der Soundtrack der Stunde: Vera, mit „In-Team“. Und ich kann auch nach 17 Jahren noch jedes Lied auswendig (und lauthals) mitsingen. 🙂

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Wanted! Kleiner Aufruf an alle…

Wir haben inzwischen Gesellschaft bekommen, hinter uns steht eine kleine Hippie-Wagenburg; einige VW-Busse und ein wunderschöner, holzverkleideter Truck mit Boller-Ofen. Aus dessen Kamin raucht’s, denn ganz so warm, wie wir gedacht haben, ist es nun doch nicht: Die Kältewelle macht sich auch an der Costa Cálida bemerkbar. Die Temperaturen bewegen sich aber immerhin noch im zweistelligen Plusbereich, die Sonne scheint, und egal, wo wir von hier aus hinfahren: Es kann nur kälter werden. Klare Sache: Wir bleiben hier, solange es geht!

Das Motorrad ist runter vom Träger, und ich mache – wenn auch dick eingepackt – einen ersten kleinen Ausritt bis zum nächsten Supermarkt, der elf Kilometer weit von unserer kleinen Bucht entfernt ist. Dann erkunde ich, bei heftigem aufkommendem Wind, die Küste und renne mehr als nur einmal meiner Mütze hinterher. Und auch das Meer gerät in Aufruhr, die Böen zerren an der ehemals spiegelglatten Wasseroberfläche und schleudern die ersten Brecher gegen die Felsen, über die ich gerade balanciere.
Ich persönlich liebe das ja, dieses Wetter und seinen rauen Charme, aber Sundance und die Bewohner der Wagenburg bleiben lieber in ihren geheizten Buden, und ich kann’s ihnen nicht verdenken. Als ich ein paar Stunden später zurückkomme, bin ich komplett durchgefroren, und es dauert ewig, bis mir wieder einigermassen warm ist. Ich bin ein bisschen neidisch auf den Boller-Ofen, der jetzt sicher eine wunderschön mollige Wärme verbreitet.

Sundance hat hingegen ganz andere Sorgen als das Wetter: Unser – ohnehin nur temporärer – Stellplatz in Basel scheint sich gerade in Luft aufgelöst zu haben. Jedenfalls haben wir, trotz diverser Versuche, Kontakt aufzunehmen, nichts mehr gehört. Und ihr könnt euch denken, wie umständlich es ist, für einen Truck mit Janis‘ Dimensionen einen Stellplatz zu finden.

Deshalb hier, für einmal, ein offizieller Aufruf (nicht nur) an die Fahrenden unter euch: Wer hat eine Idee, wo wir Janis unterbringen könnten? Noch einmal zur Erinnerung: Sie ist 7,7m lang und 3,65m hoch. Der Stellplatz kann, muss aber nicht in der Nähe von Basel sein. Hauptsache, sie findet für die offenbar doch relativ harten verbleibenden Winterwochen ein Dach über den Kopf! Meldet euch hier über den Blog oder schreibt mir eine Mail. Unser Dank sei euch gesichert!

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Bye bye, Marokko!

Womöglich waren einige von euch schon auf das dritte Kapitel unserer Reise, auf Janis im Wüstensand, gespannt. Wir müssen euch enttäuschen: Der Trip nach Marokko fällt aus. Nach auf den Tag genau zwei Wochen on the Road stellen wir fest: Distanzen nehmen ganz andere Dimensionen an, wenn man mit einem Gefährt wie Janis unterwegs ist. Für eine Strecke von 300 km müssen wir fünf Stunden einplanen, das hat sich inzwischen als Mittelwert eingependelt, und das auch nur dann, wenn wir zügig fahren und  eine gut ausgebaute Strasse unter den Rädern haben. Letzteres ist oft nicht der Fall.

Wir haben uns verschätzt. Allein die Fahrt über Frankreich an die spanische Mittelmeerküste hat über eine Woche gedauert, und wir haben uns soeben wehmütig von der Idee verabschiedet, über Portugal und die Atlantikküste wieder zurückzufahren: Uns bleiben etwas mehr als zehn Tage, und wir wollen’s gerne weiterhin gemütlich nehmen und nicht permanent auf dem Bock sitzen.

Deshalb, nach zwei Wochen ausgiebiger Testfahrerei über Bergpässe und Sandpisten, durch ausgetrocknete Flussbetten und mit angeklappten Ohren durch die engsten Gassen kleiner Dörfer („5 cm links und rechts? Ist ja reichlich Platz!“), sind wir nun – nach einer herrlichen Nacht in Sevillas urigen Tapas-Bars – wieder einige hundert Kilometer ostwärts gefahren und haben ein herrliches Plätzchen am Mittelmeer entdeckt: Eine kleine, unverbaute Bucht, flankiert von den für die Region so typischen struppigen Hügeln. Das nächste Dorf ist 5 km weit weg. Wir sind selbst erstaunt, dass es sowas an der Costa del Sol noch gibt. Hier werden wir erstmal einige Tage bleiben. Die Umgebung ist wie geschaffen für kleine Motorrad-Trips. Ausserdem werde ich endlich meine Nase in eines der zehn Bücher stecken, die ich mitgenommen und bisher nicht angerührt habe, und Sundance kann so lange in der Sonne braten, bis sich die Kollegen von der Kamera am Set wieder über den zu dunklen Teint ärgern werden.

That’s all for now, Folks!

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Quakokikeriki?

Córdoba ist die Überraschung des Monats. In jeder Hinsicht. Ich werde in diesem Leben kein Freund mehr von Campingplätzen – mit einer Ausnahme: El Brilliante, Córdobas einziger kleiner Platz, ist anders. Er erinnert mich an eine Technicolor-Fotografie aus den fünfziger Jahren. Alles ist bunt und wirkt im intensiven Licht der Mittagssonne ein bisschen überbelichtet. Die Rezeptionistin und ihre drei kleinen Hunde verströmen gute Laune, und die gelben Kanarienvögel in der kleinen Voliere neben dem Empfang trällern den Soundtrack dazu. Fehlen nur noch die tanzenden Pinguine aus Mary Poppins. Auf dem Weg zu unserem Stellplatz treffen wir auf Janis‘ Mini-Schwester und werden sofort von einer kleinen hungrigen Katze adoptiert, die nun vor unserer Türe die Stellung hält und einen sehr zuversichtlichen Eindruck macht, seit wir unseren restlichen Schinken an sie verfüttert haben.

Córdoba selbst ist noch im Winterschlaf und wirkt dadurch wahrscheinlich kleiner, als es tatsächlich ist: Die pittoreske Altstadt döst in der Januarsonne vor sich hin, es ist gerade warm genug, um draussen zu sitzen. Niemand ist in Eile, alle sind herrlich relaxt. Wir haben die Mezquita-Catedral mehr oder weniger für uns, mäandern später völlig allein durch die verwinkelten Gassen der Judería. Details fallen uns ins Auge, die wir sonst vor lauter Menschen wahrscheinlich gar nicht sehen würden; leuchtende Orangenbäume, kleine Kunstwerke an den Wänden leerstehender Häuser. Córdoba im Januar hat Seele!

Bleibt nur noch eine Frage offen: In Granada sind wir neulich gegen 21:00 essen gegangen und waren – mit Abstand – die ersten im Lokal. Vier Kellner standen um uns herum, alle angestrengt bemüht, nicht in unsere Richtung zu blicken. Wir haben uns kaum getraut, mit dem Besteck zu klappern. In Córdoba wollten wir’s gestern richtig machen und sind nicht vor 22:00 los. Es hat ewig gedauert, bis wir überhaupt eine Tapadera gefunden haben, die noch geöffnet war. Müssig zu erwähnen, dass wir mit Abstand die letzten waren, die etwas essen wollten. Der Koch sass schon am Tresen und schaute fern. Sah uns kommen, ging in die Küche und bereitete uns laut singend eine Kleinigkeit zu. Es will nicht aufhören mit den Film-Momenten, diesmal war’s wohl Louis de Funes‘ Handschrift. Aber zurück zum Thema: Spanien und Essenszeiten. Gar nicht so einfach. Kennt noch jemand den Lucky Luke-Band „Tortillas für die Daltons“? Schon Averell hat sich darin intensiv mit der Frage beschäftigt: „Cuando se come aqui?“ Oder – weil wir ja auch nicht viel besser Spanisch sprechen als er – in seinen Worten: „Quakokikeriki?“

 

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